Diese Haushaltsrede wurde im Rahmen der Haushaltsberatungen von Jürgen Haug am 28. Januar 2025 im Gemeinderat vorgetragen.
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, sehr geehrter Herr Bürgermeister, liebe Verwaltungsmitarbeiter/innen, Kolleg/innen Gemeinderätinnen
die Beratungen zum Haushalt 2025 stehen wieder an.
Aus den Erfahrungen vorausgegangener Haushaltsberatungen möchte ich drei Bemerkungen vorausschicken:
1. Wir sind uns der Herausforderungen bewusst, die die Aufstellung eines Haushaltsplans in einer unsicheren globalen Lage mit sich bringt.
2. Wir wissen die umfangreiche Arbeit verschiedenster Stellen zu schätzen, die hinter einem solchen Werk steckt. Deshalb beschäftigen wir uns nicht nur mit der von Ihnen erstellten Haushaltsanalyse, sondern gehen jeden Teilhaushalt mit ähnlicher Ernsthaftigkeit durch wie alle Verantwortlichen bei der Haushaltserstellung.
3. Die kritische Auseinandersetzung mit dem Inhalt dieses Werkes ist unsere Aufgabe und darüber hinaus dringend notwendig, jedoch nie und an keiner Stelle persönlich gemeint.
Zwei Aussagen unserer Kämmerin Frau Hiller und ihres Stellvertreters Herrn Walter in der Haushaltsanalyse verdeutlichen den Status Quo unserer finanziellen Situation:
„Die Gemeinde erreicht das wichtigste Ziel eines ausgeglichenen ordentlichen Ergebnisses nicht.“
„Die Gemeinde erwirtschaftet den Ressourcenverbrauch nicht“.
Konkret heißt das — die Gemeinde macht jedes Jahr neue Schulden, ohne dass dafür ein Gegenwert entsteht. Ein Großteil des Geldes rinnt durch die Finger der Kämmerin und des Bürgermeisters, ohne Neuwert zu schaffen. Sogar das Gegenteil ist der Fall – – da dringend notwendige Sanierungen, Renovierungen und Erweiterungen auf die lange Bank geschoben werden, verliert die Gemeinde Vermögen – und das schon seit Jahren. Der wachsende Sanierungsstau, der dadurch in diesem und den vergangenen Haushalten produziert wird oder wurde,
wird uns in nicht allzu weiter Ferne mit Wucht einholen. Dabei ist, angesichts der Weltlage, nicht abzusehen, wann das anders werden könnte, wenn wir so weiterwirtschaften wie bisher. Das ist umso schlimmer, weil wir in Frickenhausen auch für die dringend anstehenden Zukunftsaufgaben wie Klimaschutz, Wärmeverordnung, Umweltschutz, Elektromobilität, Ganztagesschulbetrieb und vieles Andere keinerlei Antworten haben. Abhelfen könnten dem nur ein kritischer Blick auf den hohen Ressourcenverbrauch und der eiserne Wille, kräftig zu sparen. Dieser Wille ist aber seit mehreren Jahren leider weder bei der Verwaltung noch bei der Mehrheit im Gemeinderat zu spüren.
An dieser Stelle merken wir an: Aufmerksame Zuhörer und Mitleser unserer Bemerkungen zum jährlichen Haushalt stellen fest: Die Eingangsbemerkungen zum Haushalt 2025 entsprechen weitgehend den Bemerkungen für das Jahr 2024. Dies ist nur folgerichtig, denn es hat sich nichts geändert. Die Haushaltssituation ist nach wie vor desolat und besorgniserregend. Die Beschwichtigungen bzw. das „Schönreden“ der Haushaltssituation in der Jahresvorausschau von Bürgermeister Blessing in der NTZ sind sicherlich dem von ihm begonnen Wahlkampf geschuldet, weniger der tatsächlich kritischen Finanzlage der Gemeinde.
Es liegt also wieder ein Haushaltsentwurf vor, der nicht ausgeglichen werden kann. Noch schlimmer, es wird uns ein Entwurf vorgelegt, der durch positiv dargestellte Einnahmen das tatsächlich bestehende größere Defizit beschönigt. Wie auch im letzten Jahr werden Einnahmen aus Grundstücksverkäufen eingestellt, dieses Jahr z.B. aus dem Verkauf von Grundstücken in den Hanfäckern in Linsenhofen. Jeder Sachkundige wird uns darin zustimmen, dass ein Verkauf der Grundstücke in diesem Jahr sicherlich noch nicht erfolgen kann, denn es gibt noch keinerlei Erschließung, ja nicht einmal deren Ausschreibung..
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, sehr geehrter Herr Bürgermeister, Kollegen/innen von Freie Wähler und CDU, die Lage ist sehr ernst. Beschönigungen, sich auf das Angenehme zu reduzieren oder den Kopf in den Sand stecken, helfen nicht weiter. Investitionen sind für 2025 nicht geplant, notwendige Sanierungen werden verschoben, es gibt keine konkreten Überlegungen zu folgenden Thematiken:
1. Entwicklung einer Gemeindewärmeplanung
2. Die in den nächsten Jahren anstehende verpflichtende Grundschulbetreuung
3. Klimakonzept der Gemeinde
4. Sicherung der Versorgung der Kinder im Vorschulalter
5. Investitionen in nachhaltige Kanalsanierungen
6. Kommunaler sozialer Wohnungsbau in Frickenhausen, Linsenhofen und Tischardt
7. Alt werden in Frickenhausen
Die Aufzählung ist nicht abschließend sondern kann sicherlich problemlos erweitert werden.
Auch für die nächsten Jahre hat die Verwaltung kein Konzept und schon gar keine Ideen für die gerade angesprochenen Themen und erst recht nicht für konkrete Umsetzungen.
Zusammengefasst heißt das:
Wir sind für die Zukunft nicht gewappnet und unternehmen auch keinerlei Versuche, dies zu ändern, das ist nicht nachhaltig und wird sicherlich nicht zur Verbesserung der Situation beitragen!
Auf Sicht arbeiten ist planlos, so wie es die Verwaltung auf Seite 3 der Vorbemerkungen zum Haushalt selbst beschreibt. Wichtig und richtig ist, sich den schwierigen Zeiten zu stellen und neue Ziele zu definieren, an deren Verwirklichung dann alle arbeiten, und deren Verwirklichung das gemeinsame Ziel sein muss.
Dies vorausgeschickt, stellen wir unseren ersten Antrag:
Der Gemeinderat und die Ortschaftsräte diskutieren in einer Klausur die weitere Entwicklung der Schulen und Kindergärten. Dabei sollen aus unserer Sicht folgende Themen schwerpunktmäßig besprochen werden:
Schulen:
a) Sanierung der Schulgebäude
b) Ganztagesbetreuung Grundschulen
c) Platzbedarf
Kindergärten:
a) Leitung der Kindergärten
b) Standorte c) Platzbedarf
d) Gebührenstruktur
Auch diese Aufzählung der Themenfelder für die Klausur betrachten wir nicht als abschließend, wir freuen uns auf Ergänzungen, weitere Gesichtspunkte etc. der Kolleg/innen der Freien Wähler und der Kollegen der CDU sowie der Verwaltung. Gerne auch der von den Kolleg/innen der Ortschaftsräte und natürlich der Bevölkerung.
Wir beantragen die Klausur im 1. Halbjahr 2025 und die anschließende Vorstellung der Ergebnisse im Gemeinderat.
An dieser Stelle, erscheint uns ein weiterer Hinweis, zu den Einlassungen von Bürgermeister
Blessing in der NTZ vom Anfang des Jahres, als notwendig. Bürgermeister Blessing behauptet in der NTZ und auch in seinen Einlassungen zum Jahresende 2024, es bestünden Rücklagen von 8 Mio € und die finanzielle Lage sei gar nicht so schlecht. Wir bitten die Finanzverwaltung der Gemeinde uns genau zu erklären und aufzuzeigen, wie sich die 8Mio Euro darstellen. Hier wünschen wir uns mehr Transparenz.
Offensichtlich vorhanden sind wohl liquide Mittel von 8 Mio. Euro Mit diesen sind wir gezwungen im aktuellem Haushalt zu arbeiten, denn die Aufnahme zusätzlicher Kredite wird von der Rechtsaufsicht nicht genehmigt. Daraus erschließt sich für uns jedoch auch, dass es durchaus möglich ist, dringende Sanierungsmaßnahmen durchzuführen, so z.B. in den Schulen Sofern die vorhandenen Mittel dazu nicht ausreichen, müssen andere nicht so dringende Ausgaben zurück gestellt werden. Eine Gewichtung in der von uns beantragten Klausur ist hier äußerst hilfreich und zielführend.
An dieser Stelle wollen wir noch mit weiteren Anträgen den aus unserer Sicht unrunden Haushalt besser machen, die Reihenfolge der Anträge ist nicht gewichtet.
Antrag Haushaltsplan Seite 199; Rückstellung Ausbau Friedhofstraße und Priorisierung Hartlieb/Im Dorf:
Der Ausbau der Friedhofstraße wird aufgrund der finanziellen Schieflage des Haushalts auf unbestimmte Zeit verschoben, die Straße ist durch kleine notwendige Reparaturen am Belag durchaus funktionsfähig zu halten. Wir priorisieren den weiteren Ausbau der Straßen Im Dorf/Hartliebstraße im Zusammenhang mit der Neuerstellung des Rathausplatzes. Zudem beantragen wir hierzu dein Einstieg in die Erstellung des notwenigen Verkehrs- und Parkkonzepts für diesen Bereich im 1. Halbjahr 2025, nachdem bereits Überlegungen aus früheren Jahren vorliegen, sollten diese in die Überlegungen mit einbezogen werden. Wir werden dazu weitere Ausführungen im Zusammenhang mit TOP 4 machen
Antrag Glasfaser:
Vertreter von Telekom und Stadtwerke Nürtingen haben im Gemeinderat den Plan zum weiteren Ausbau in allen Ortsteilen, auch für Tischardt zu erläutern. Nach dem grandios gescheiterten Ausbau mit Glasfaser durch Helofiber hatten sich die Telekom für Linsenhofen und die Stadtwerke Nürtingen für Frickenhausen zum Ausbau bereit erklärt. Außer diesen Ankündigungen ist bisher wenig geschehen, der Ausbau für Linsenhofen wird immer wieder verschoben, in Frickenhausen herrscht beängstigende Ruhe, für Tischardt ist überhaupt kein Ausbau in Sicht. Um die Bevölkerung angemessen zu informieren, sollen die Vertreter der beiden Unternehmen im Gemeinderat Ihre Pläne bzw. ihre Gründe für Nichtstun erläutern, unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger erwarten es! Wir erwarten auch konkrete Aussagen für den Ortsteil Tischardt.
Antrag Entschädigung Ehrenamtlicher:
Die Verwaltung zeigt bis 30.6.25 auf, wie hoch sich die Mehrkosten für die Gemeinde bei der Erhöhung aller ehrenamtlicher Entschädigungen auf den gültigen Mindestlohn für das Haushaltsjahr belaufen. Ebenfalls sind die Mehrkosten bei einer Erhöhung der Entschädigungen für Gemeinde- und Ortschaftsräte auf den in anderen vergleichbaren Gemeinden üblichen Satz aufzuzeigen. Nach Vorliegen belastbarer Zahlen entscheidet der Gemeinderat über eine mögliche Erhöhung beider Themenbereiche ab dem Jahr 2026. Insoweit verweisen wir ebenfalls auf unsere Ausführungen zum Haushalt 2024. Das Ehrenamt muss angemessen gewürdigt werden! Des Weiteren bitten wir die Verwaltung, die bei den Haushaltsberatungen 2024 versprochenen Erhebungen bezüglich der Anerkennung ehrenamtlicher Tätigkeit bis 30.6.25 vorzulegen.
Antrag Förderprogramm zur Wiedervermietung:
Wir verweisen auf die Webseite des Ministeriums für Landesentwicklung und Wohnen :Wiedervermietungsprämie: Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen Baden-Württemberg
Unser Antrag von 2024 ist noch nicht erledigt, die Thematik ist noch immer aktuell!
Anträge Ortsmitte:
a) Der Bau des sogenannten Eiswürfels wird bis zur Entscheidung über die Ansiedlung einer Gaststätte in der Ortsmitte zurückgestellt. Der Verkauf von Eis durch Leben Inclusive ist am Eiswagen auch weiterhin möglich. Wir dürfen bei der jetzigen angespannten Haushaltslage keine Ausgaben tätigen, die dem Grunde nach nur nice-to have sind.
Zur Begründung führen wir weiter aus:
Aus unserer Sicht bestehen Bedenken, dass ein Eisverkauf am Eiswürfel möglicherweise die direkte Konkurrenz für mögliche Interessenten für die Gaststätte bedeutet.
b) Trinkbrunnen und Schusterfiguren: aus unserer Sicht muss jetzt zeitnah über die Einrichtung des von uns beantragten und dringend notwendigen Trinkbrunnen entschieden werden. Die Verwaltung erläutert bitte dem Gemeinderat in der Sitzung am 25.03.2025, den Zeitplan für die Erstellung des Trinkbrunnens sowie der Schusterfiguren auf dem Rathausplatz.
c) In seinem Ausblick auf 2025 in der NTZ hat BM Blessing von Bäumen/Pflanzen in Trögen auf dem Rathausplatz zur Platzgestaltung gesprochen. Grundsätzlich sehen wir Pflanzentröge als sinnvoll an, die Pflanzen müssen aber vor allem der Beschattung des gepflasterten Platzes dienen.
Antrag Aufstellungskonzept:
Wir beantragen deshalb das Aufstellkonzept mit den entstehenden Kosten ebenfalls bis 25.3.25.
Antrag zur Förderung von Anschaffungen der Vereine:
Es ist bis zum 15.03.25 zu prüfen, ob die Anträge im Haushaltsplanentwurf mit der Satzung zur Förderung der Vereine, Nr. 4 und 5 im Einklang stehen. Wir erwarten, dass mit dem Prüfungsergebnis jeweils die hier gültigen und einschlägigen Rechtsgrundlagen genannt werden und dem Gemeinderat in der nächstfolgenden Sitzung vorgelegt wird.
Antrag Abschlüsse ab 2019:
Wie im Entwurf des Haushalts in den Eingangsbemerkungen aufgeführt sind bisher noch keine Haushaltsabschlüsse ab dem Jahre 2019 getätigt. Wir bitten und beantragen die Verwaltung um Mitteilung, wie das weitere Vorgehen geplant ist, eine sofortige Stellungnahme im Anschluss an unseren Haushaltsvortrag wäre wünschenswert.
Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, sehr geehrter Herr Bürgermeister, Mitarbeiterinnen der Verwaltung, Kolleginnen Gemeinderäte
Obwohl die Ansätze der Einnahmen in den 5 Jahren seit der Rüge durch die Rechtsaufsichtsbehörde deutlich gestiegen sind – von 17 759 627 € auf 24 623 320 € — knapp sieben Millionen mehr , liegt das Defizit immer noch bei über einer Million. Da sollte man erwarten dürfen, dass ein Überschuss hätte erwirtschaftet werden können und müssen. Dazu kommt, dass sich die Ansätze der Ausgaben für Investitionen fast halbiert haben — von 3 742 200 € auf 1 985 300 €. Wir hätten also reichlich Geld für Rücklagen erwirtschaften können und müssen. Zumal die Ansätze ja wenig darüber aussagen, was tatsächlich ausgegeben wurde. Das war
in jedem Jahr deutlich weniger als geplant. Genaueres könnten wir dann sagen, wenn die Haushaltsabschlüsse der vergangenen Jahre vorliegen würden. Diese fehlen jedoch fatalerweise seit sechs Jahren. Das heißt, es wurden keine neuen Vermögenswerte geschaffen und alte haben an Wert verloren, weil sie nicht saniert wurden. Seit mindestens fünf Jahren belasten wir Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen mit steigenden Gebühren und das Geld rinnt uns durch die Finger. Und wenn man den Finanzplan für die nächsten Jahre anschaut, ist auch nicht vorgesehen, das zu ändern. Das sind dann mindestens 8 Jahre Rückschritt in der Gemeindeentwicklung , obwohl so viele dringende Aufgaben anstehen. Sie sehen also, es ist viel zu tun, packen wir es an, wir von der SPD-Fraktion sind zur Mitarbeit immer bereit.
In Ergänzung unseres Vortrages und unserer Anträge haben wir wieder einen Fragenkatalog zusammengestellt, bereits jetzt bedanken wir uns für die Beantwortung.
Aus aktuellem Anlass möchten wir noch einen Gedanken von Hannah Arendt einer jüdische deutsch-US-amerikanischen Publizistin zur Demokratie zitieren:
„Demokratie ist nicht nur ein politisches System, sondern eine Lebensweise.“
In ihrem Sinne hoffen wir, dass diese Einsicht viele Mitbürger/innen in Frickenhausen, Baden-Württemberg, Europa, Deutschland, in den USA und überall auf unserem Planeten beherzigen.
Herzlichen Dank allen Menschen, die für die Demokratie einstehen, herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.